St. Angéle. Die Ereignisse um die Merkellen und ihrem Bestreben nach Unabhängigkeit überschlagen sich. Was mit Flugzetteln begann entwickelt sich zu einem blutigen Freiheitskampf. Die Regierung der Volksrepublik Grasonce sorgte für die ersten Toten, nachdem sie die zehn gefangenen Freiheitskämpfer in einem raschen Militärverfahren zum Tode durch den Strang verurteilte und das Urteil nicht nur umgehend vollstreckte, sondern der Bevölkerung der Îles de l’Ouest durch öffentlich verbreitete Fotos als Warnung vor Augen hielt.Die Freiheitskämpfer reagierten am nächsten Tag mit drei strategisch platzierten Autobomben, von denen zwei lediglich Sachschaden verursachten und die dritte nach gewaltsamem Durchbruch einer Absperrung am provisorischen Hauptquartier der grasoncischen Schutztruppen inmitten einer Gruppe von fünf Soldaten detonierte und sie in den Tod riss.
Angesichts der Ereignisse entschlossen sich Inselbewohner zur Vermeidung weiterer Tote dazu, friedlich für die Unabhängigkeit zu demonstrieren. Als ein Soldat von einem Schuss am Bein getroffen wurde, feuerten die Soldaten, die die Demonstration eindämmen sollten, wahllos in die Menge. Erst Minuten später kam der Befehl, das Feuer einzustellen, als ein Kompaniechef vor Ort eintraf. Nach bisherigen Meldungen sind bereits 49 Tote zu beklagen. Woher der erste Schuss stammte, ist noch ungeklärt. Inoffiziellen Meldungen zufolge wurden bei den Demonstranten keine Waffen gefunden.
Alessi Modesto, Leitfigur der Freiheitskämpfer, ließ in der internationalen Presse einen offenen Brief anlässlich des Massakers abdrucken:
„An die freien Völker dieser Welt,
an die Menschen, die ihre Geschicke lenken,
an das Volk von Grasonce und vor allem
an die Regierung der Volksrepublik Grasonce,
mit Entsetzen musste ich ansehen, wie unschuldige Menschen, die für ihr Grundrecht auf Selbstbestimmung friedlich demonstrierten, wahllos niedergeschossen wurden.
Menschen, die Familien hatten, Menschen, die Träume hatten, Menschen, die nur diesen einen sehnlichsten Wunsch hatten, ihr Land selbst zu regieren.
Schon die Hinrichtung von zehn Merkellani nach einem fadenscheinigen Schauprozess war menschenverachtend, doch das Massaker von St. Angéle zeigt um so deutlicher, dass die Regierung der Volksrepublik Grasonce hoffnungslos mit der Situation überfordert ist.
Ich appelliere an Jean-Jacque Grenouille, diesen Weg nicht weiterzugehen, sondern die Merkellen endlich in die unabhängigkeit zu entlassen, wie es das Recht eines jeden Volkes ist.
Niemand in den Reihen der freiheitliebenden Merkellani hat ein Interesse an einem blutigen Freiheitskampf. Wir erwägen das als allerletzte Maßnahme, unser Grundrecht durchzusetzen, aber wir glauben, dass es nicht so weit kommen muss.
Alessi Modesto„